Da Ludger weit über die Region hinaus bekannt und sehr gut vernetzt, erreichten wir mit "Grünkohl & Bier" im digitalen Format nicht nur Genussmenschen aus der Region sondern bekamen sogar Anmeldungen aus Bayern und Dresden. Gut verpackt wurden die Grünkohl- und Bier-Pakete von Ludger einige Tage vorher zur Post gebracht und kamen pünktlich am Zielort an. Die anderen Teilnehmer konnten ihre Pakete mit Bier und Menü am Tag vor dem Online-Event direkt in Visbek abholen. Eine Anleitung zur Zubereitung des Essens und Ablauf des Online-Tastings war vorab schon per Mail übermittelt worden. Da das komplette Grünkohl-Menü von Ludger bereits fertig vorgegart und in Plastikbeuteln sicher einvakumiert war, musste zu Hause nur noch ein großer Wassertopf auf dem Herd erwärmt werden. Darin wurden Grünkohl, Kartoffeln und Fleisch ohne viel Aufwand auf die richtige „Verzehrtemperatur“ gebracht.
Für die Durchführung des Online-Events hatten wir mein Wohnzimmer als Location ausgewählt. Da Donnerstags in Ludgers Restaurant normaler Betrieb herrscht, hätten uns die Hintergrundgeräusche und Aktivitäten im Lokal sicherlich etwas gestört. Also wurde bei mir im Wohnzimmer eine kleine TV-Kulisse inklusive Scheinwerfer, Kamera mit Stativ und passendem Hintergrundbild aufgebaut. Auf dem Tisch platzierten wir ausreichend Gläser und ein paar Notizen für zwischendurch.
Um 19.30 Uhr sollte es losgehen und bereits ab 19.15 Uhr schalteten sich die ersten Teilnehmer/innen per Zoom ein. So ein Online-Event ist besonders zu Beginn immer wieder etwas aufregend (klappt alles mit der Technik und den Einwahldaten?) und auch etwas amüsant: Man bekommt Einblicke in fremde Wohn- und Esszimmer, sieht anfangs manchmal nur Deckenlampen oder schaut in verwunderte Gesichter: „Oh, könnt ihr mich schon sehen und hören?“.
Während bei mir in der Küche und bei den Teilnehmern zu Hause das Essen im Wassertopf auf dem Herd vor sich hin wärmte, starteten wir zu Begrüßung direkt mit dem ersten Bier. Für dieses kleine Biertasting hatte ich möglichst regionale Biere ausgewählt, die vom Geschmack her nicht zu kompliziert sind und gut zum Grünkohl-Menü passen. Los ging´s mit dem „Naturtrüben“ aus der OL´s Brauerei Oldenburg. Ein sehr süffiges, unfiltriertes Bier, das auch dem hiesigen Pils-Trinker in der Regel gut schmeckt und sich zum Löschen des ersten Bierdurstes perfekt eignet.
Anschließend verkosteten wir das naturtrübe Pils aus der Boothaus-Brauerei am Dümmer. Auch dieses Bier ist nicht filtriert (findet man häufig bei handwerklich gebrauten Bieren). Unfiltrierte (naturtrübe) Biere enthalten natürliche Schweb- und Trübstoffe (Reste von Hopfen, Hefe und Eiweiße, die sich aus dem Malz bilden). Unfiltrierte Biere schmecken dadurch vollmundiger und aromatischer als filtrierte Biere.
Das Bootshaus-Pils überraschte besonders die Bierrunde aus Franken. Die gesellige Gruppe hatte sich schon vor dem Tasting mit bayerischem "Hellen" gut „eingetrunken“ und war entsprechend in Bierlaune. Man bescheinigte dem Pils eine gute Trinkbarkeit („Gar nicht so herb wie erwartet“) und auch bei den übrigen Teilnehmern kam das Bier vom Dümmer gut an.
In der Zwischenzeit hatte das Grünkohl-Menü die richtige Temperatur erreicht. Während Ludger vor der Kamera die Stellung hielt, über Südoldenburger Grünkohltraditionen aufklärte und die Herkunft der „Pinkelwurst“ verriet, servierte ich uns das sehr üppige Menü.
Zugegeben: Sich vor der Kamera Grünkohl, Kassler, Mett- und Pinkelwurst in den Mund zu schieben, während die Leute einen dabei beobachten ist schon etwas merkwürdig. Da es den Teilnehmern auf der anderen Seite des Bildschirms aber ebenso erging, saßen wir quasi alle in einem Boot und schauten uns gegenseitig beim Verzehren und Genießen zu. Ludger und ich versuchten immer abwechseln zu essen und zu erzählen. Also einer von uns pausierte kurz und unterhielt die Teilnehmer mit passenden Informationen (Ludger trug sogar ein Grünkohl-Gedicht vor!), während der andere weiter essen konnte. Unsere Teller haben wir aber trotzdem nicht ganz leer bekommen.
Zum Grünkohl-Menü gab es mit dem „Harvest Brew“ aus der Finne Brauerei aus Münster ein etwas kräftigeres Bier, das perfekt zu eher deftigen Essen passt. Das goldgelbe Bier (Bierstil „Märzen“) hat ein schönes süffiges Malzaroma und gehört zu den sog. „Saison-Bieren“ der Finne Brauerei. Unter dem Namen „Thanks & Giving“ von der kleinen Bio-Brauerei gebraut, soll es ein Danke-schön an die Landwirte sein, die uns jedes Jahr mit besten Rohstoffen versorgen. 10 Cent pro verkaufte Flasche "Thanks & Giving" werden von der Finne-Brauerei an die Landwirte gespendet, die bei der Flutkatastrophe im Sommer 2021 alles verloren haben. Eine - wie ich finde - großartige Aktion, die ich gern unterstütze, indem ich auf dieses Bier bei Verkostungen aufmerksam mache.
Zum Abschluss kombinierten wir das Essen mit dem „Hanseat“ aus der Union Brauerei Bremen. Auch dieses naturbelassene und vollmundige Bier unterstützt mit karamellartigen Malz- und Brotaromen den deftigen Geschmack des Essens.
Besonders erfreut waren die fränkischen Bierfreunde, dass der Hersbrucker Hopfen, der dort in unmittelbarer Nachbarschaft angebaut wird, in den letzten beiden Bieren verarbeitet wurde (Hanseat, Harvest Brew). Mit diesem Bezug zur Heimat wurden diese Bieren natürlich direkt noch sympathischer und fanden entsprechend Anklang. Insgesamt wurde eine recht gute Bierauswahl bescheinigen, was natürlich aus so einer Runde quasi einem (Bier-) Ritterschlag nahe kommt („Konnte man alles wohl trinken – mehr Lob darfst du von uns bei Craft-Bier aus Norddeutschland nicht erwarten“).
Nachdem Grünkohl verzehrt und Biergläser geleert waren, gab zum Abschluss natürlich noch – wie es sich gehört – einen passenden Absacker: Der „Alte Schwede“ der sogar einen Bezug zu Visbek hat (wurde hier eine Zeitlang produziert) und mit seinen milden Kräutern nicht nur vorzüglich schmeckt sondern sicherlich auch sehr gesund ist, befand sich ebenfalls mit im Paket.
Nach Lob, Beifall und dem Wunsch nach Wiederholung verabschiedeten wir uns aus dem Online-Tasting und mit vollem Magen und dem guten Gefühl, für einen gelungenen Abend gesorgt zu haben, konnten Ludger und ich den Abend beenden.